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Inmitten alter Bücher glücklich
Jutta Hauser organisiert Annahme und Verkauf von Lektüre - Verein
betreibt Haus
Mitteldeutsche Zeitung, 15.03.2007
Es ist kalt, denn es gibt keine Heizung
im Haus. Will man sich die Hände waschen, muss man eine Wasserflasche
öffnen. Wenn die Blase drückt, ist ein Gang ins Nachbargebäude
fällig. Das Mobiliar ist zusammengestoppelt und alles andere als
neu. Dennoch sagt Jutta Hauser: "Ich habe hier wahnsinnig viel
Spaß. Ich liebe diese Tätigkeit geradezu." "Diese
Tätigkeit" ist zudem eine, für die sie keinen Euro und
keinen Cent bekommt. Es ist eine manchmal auch körperlich sehr
anstrengende Arbeit, bei der die Hände staubig werden und es nur
einen Händedruck als Dankeschön gibt. Das alles stört
die 66-Jährige nicht. Sie könnte sich ihr Leben einfach nicht
mehr vorstellen ohne das Bücherhaus in der Rannischen Straße
9, das vom Verein der Freunde der Stadtbibliothek betrieben wird.
In dem äußerlich schmucken
Gebäude nahe dem Franckeplatz nimmt sie seit seiner Eröffnung
vor über zwei Jahren gespendete Bücher entgegen, packt sie
aus, ordnet und sortiert sie, stellt sie in die schlichten Regale. Fast
täglich ist die agile Rothaarige hier, denn zu tun
gibt es immer. Am liebsten aber ist ihr der Mittwoch, denn da können
die Hallenser zwischen 14 und 17 Uhr nicht mehr benötigte Bücher
abgeben. "Abgesehen von meiner Leseleidenschaft gefällt es
mir einfach, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen."
Auch den in regelmäßigen
Abständen erfolgenden Verkauf der Bücher macht sie gern -
obwohl er unter freiem Himmel und bei jedem Wetter stattfindet. Stolz
sagt Jutta Hauser: "Ich habe eine Menge Stammkunden." Was
sie andererseits nicht verwundere, denn Gedrucktes, ganz gleich ob Fachliteratur
oder Belletristik, sei teuer. Viel zu teuer heutzutage für viele
Menschen. Statt in eine Buchhandlung zu gehen, kämen sie dann ins
Bücherhaus, wo pro Exemplar meist nur ein Euro zu zahlen ist. Eine
preiswerte Fundgrube also für alle Leseratten und ein dankbar angenommener
Anlaufpunkt für Studenten oder Schüler auf der Suche nach
billig zu ergatternder Pflichtlektüre. Der nächste Verkauf
findet übrigens am 20. März von 13 bis 17 Uhr statt.
Ohne Bücher und ohne das Bücherhaus
- nein, das wäre nicht das wahre Leben für die Rentnerin.
Gelesen hat sie zeit ihres Lebens unheimlich gern - und mit Menschen
hatte sie beruflich auch immer zu tun. Die gebürtige Hallenserin
ging Anfang der 60er Jahre in den Westen, betrieb in Frankfurt am Main
lange ein Lokal, arbeitete später in der Firma ihres Mannes, eines
selbständigen Elektrikermeisters, und nach dessen Tod im Frankfurter
Sozialamt.
Doch als 2001 ihre Schwester anrief
und sagte "Komm doch wieder nach Halle", da zögerte sie
nicht lange und kam zurück in ihre Heimatstadt. Sie hat sich längst
an den Wechsel von der lauten, lärmenden Metropole Frankfurt ins
doch beschaulichere Halle gewöhnt, lebt gern hier. Nicht nur, aber
auch wegen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit. Was freilich für
Jutta Hauser nicht heißt, wunschlos glücklich zu sein. "Wir
brauchen dringend, ganz dringend helfende Hände", sagt sie.
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Jutta Hauser organisiert Annahme und Verkauf von Lektüre. (Foto:
MZ) |
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